Baumängelmanagement und Kostentragungspflicht
In der Praxis häufen sich die Konflikte zwischen den Baubeteiligten.
Der Bauherr erwartet, dass das Bauwerk seinen Idealvorstellungen entspricht. Diese Erwartungshaltung wird zusätzlich noch dadurch verstärkt, dass er erhebliche Geldbeträge für den Erwerb des Bauwerkes aufgewendet hat.
Beim Einzug wird er dann oft von einer Vielzahl von Unzulänglichkeiten überrascht. Seien es Risse im Putz, nasse Wände, schiefe Fliesen oder Klinker, Absackungen im Außenbereich, Kurzschlüsse in der Elektoinstallation oder Farbabweichungen im Putz.
Dies führt regelmäßig zu Auseinandersetzungen zwischen dem Bauherren und den Handwerkern und Architekten. Diese haben oft den Eindruck, es gehe dem Bauherrn durch die Rüge von Kleinigkeiten lediglich um eine unverhältnismäßige Reduzierung des Werklohns.
Solche Baustreitigkeiten werden meist erbittert und sehr emotional geführt und enden nicht selten vor Gericht. Diese gerichtlich ausgetragenen Rechtsstreitigkeiten sind zeitraubend und kostenintensiv. Nicht selten dauern Bauprozesse in der ersten Instanz mehrere Jahre.
Ein gutes Baumängelmanagement kann dazu beitragen, die teuren und langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Bei der Betrachtung sind folgende Rahmenbedingungen zu beachten: Bauwerke sind handwerkliche Einzelleistungen. Sie werden meist individuell für den Bauherrn erstellt. Diese individuellen Einzelleistungen sind selbstverständlich anders zu qualifizieren, als die massenweise industriell hergestellten Gebrauchsgüter. Die anerkannten Regeln der Technik und auch die DIN-Normen lassen deshalb Abweichungen vom Idealbild in bestimmtem Umfang zu. Diese Toleranzen dienen dann zur Abgrenzung, ob eine hinzunehmende Unregelmäßigkeit des Gewerkes vorliegt, oder ob das Gewerk mangelhaft ist.
Hinzunehmende Unregelmäßigkeiten können zum Beispiel kleine Risse, Kratzer, Farbabweichungen, Unebenheiten und auch vorübergehende Feuchtigkeitserscheinungen sein, wenn sie sich innerhalb der Toleranz bewegen.
Ein Baumangel liegt jedenfalls vor, wenn die vertraglich vorausgesetzte Funktionalität nicht gegeben oder eingeschränkt ist. So ist zum Beispiel eine Haustüre, die nicht schließt, mangelhaft.
Über solche eindeutigen Mängel wird es aber kaum Streit geben. Baumängel, die auch im Bereich von Unregelmäßigkeiten liegen können, sind für den Bauherren als technischen Laien kaum einzuordnen. Ob die Ausführungen gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen oder ob eine tolerierbare Unregelmäßigkeit vorliegt, kann im Zweifelsfalle nur durch einen Sachverständigen geklärt werden.
Erkennt der Bauherr schon bei der Ausführung der Arbeiten oder danach, dass die Leistungen des Handwerkers mangelhaft sein könnten, sollte er einen Rechtsanwalt und einen Sachverständigen hinzuziehen. Nur so schafft er einen Ausgleich zum überlegenen Wissen des Bauunternehmers.
Die Aufgaben des Sachverständigen sind nicht auf die Erstattung gerichtlicher Gutachten beschränkt. Dieser kann auch als außergerichtlicher Privatgutachter tätig werden. Durch das Gutachten des Sachverständigen kann der Bauherr erkennen, ob und wieviele Mängel vorliegen. Dabei kommt es nicht selten vor, dass der Sachverständige weitere, als vom Bauherrn vermutete Mängel entdeckt.
Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes, nach Möglichkeit eines Spezialisten für Baurecht, ist dann dringend erforderlich, um die richtigen Konsequenzen aus den Feststellungen des Sachverständigen zu ziehen. Der Jurist überprüft anhand der vertraglichen Voraussetzungen, welche Schritte eingeleitet werden müssen, um ein mangelfreies Gewerk zu erhalten. Der Bauunternehmer muss meist zur Mangelbeseitigung bzw. zur mangelfreien Herstellung des Gewerkes aufgefordert werden. Diese Aufforderung erfordert einige Formalien, die unbedingt zu beachten sind. Sollte der Bauherr selbst eine solche Aufforderung vornehmen und die Formalien nicht beachten, kann er dadurch erhebliche Nachteile erleiden. Meist empfiehlt es sich, diese Aufforderung mit einer Fristsetzung zu verbinden. Nach Ablauf dieser Frist können dann weitergehende Rechte geltendgemacht werden. Ferner kann auch der Architekt in die Verantwortung genommen werden. Dies ist insbesondere hilfreich, wenn der Bauunternehmer insolvent ist.
Die Kosten des Sachverständigen und des Anwalts im Zusammenhang mit dem Mangel können bei dem Bauunternehmer geltendgemacht werden. In der Praxis würde der Bauherr dann diese Kosten von noch ausstehenden Rechnungen abziehen. Sind alle Rechnungen ausgeglichen, muss der Bauunternehmer Rückzahlungen leisten.
Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt auf der Hand. Unter Zuhilfenahme des Spezialisten schafft der Bauherr einen Ausgleich zum überlegenen Wissen des Bauunternehmers. Die Beauftragung im Zuge der Mangelfeststellung und -beseitigung ist grundsätzlich für den Bauherrn kostenneutral.
Dem Bauherrn bietet sich eine günstige Möglichkeit, die Mangelfreiheit des Bauwerks qualifiziert durchzusetzen, die er im eigenen Interesse wahrnehmen sollte.
Die meisten Konflikte können bei dem oben dargestellten Vorgehen außergerichtlich gelöst werden; die Baubeteiligten sparen Geld und Zeit.
Patrick Brach
Rechtsanwalt in Limburg
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht